Welcher Anteil an Büropräsenz ist langfristig perfekt?
Die Frage nach der Büropräsenz wurde uns nun häufiger gestellt. Die Meinungen gehen natürlich schnell auseinander, was daran liegen dürfte, dass es ein sehr berufs- und branchenabhängiges Thema ist. Wir wollen in diesem Artikel versuchen verschiedene Argumente und Szenarien zu sammeln, und wagen eine Prognose abzugeben.
Aktuell arbeiten einer repräsentativen Umfrage der Bitkom zufolge gut 10 Millionen Menschen im Homeoffice, was damit jeden vierten Berufstätigen betrifft. Weitere 20 Prozent (8,3 Millionen Berufstätige) arbeiten zumindest teilweise von zu Hause aus. Also arbeitet insgesamt fast jeder Zweite zumindest teilweise im Homeoffice. Laut der Umfrage sind Arbeiter im Home Office zufriedener und arbeiten in 35 Prozent der Fälle auch länger.[1]
Grundsätzlich würden wir daher sagen, dass ein Minimum von 2 Tagen pro Woche die einem Arbeitnehmer zugesprochen werden für absolut zeitgemäß. In den zwei Tagen lässt sich zwischenrein viel erledigen, was sonst einen viel während seiner Freizeit zu Hause hält – Wäsche waschen, den Handwerker kommen lassen, einkaufen gehen oder mit dem Hund rausgehen.
Das sind Dinge die sich häufig gut in einer kleinen Pause erledigen können, anstatt, dass man den ganzen Samstagvormittag damit verbringen muss. Alleine der Wegfall der Strecke zur Arbeit bedeutet für viele eine enorme Zeitersparnis. Und wie oben beschrieben, ist es ja eher der Fall, dass man im Home Office länger arbeitet.
Auch ermöglicht das Arbeiten von zu Hause eine wesentlich effizientere Arbeitsweise. Laut der Bitkom Studie schätzt jeder Vierte (23 Prozent) seine Produktivität deutlich höher ein, jeder Dritte (34 Prozent) etwas höher. Wenn wir nicht gleichzeitig in einer Pandemie wären, kann das sogar auch für die vielfach gebeutelten Eltern gelten, die sich natürlich derzeit deutlich intensiver der Ausbildungsaufträge ihrer Kinder annehmen müssen.
Auf der anderen Seite ist das Office auch ein Ort der Kollaboration und des Austausches. Vor Allem mit Kollegen, die vielleicht nicht im engsten Arbeitsumfeld mit einem zu tun haben. Dementsprechend ist eine gewisse Präsenz vor Ort für Teamaufgaben ein Konstrukt, das auch in Zukunft gefördert werden muss. Ob das dann in einem co-working Space oder in einem klassischen Office geschehen wird ist eine Frage die sich gerade viele Unternehmen stellen.
Das Stichwort ist Flexibilität
Die Woche zu Hause zu sein, wenn das Kind krank ist oder Schulferien sind, ermöglichen teils hilfreiche, teils sogar wunderbare Momente. Bei Kindern bleiben solche Erinnerungen schnell haften.
Wenn man darüber nachdenkt, hat nicht jeder schon einmal in Erwägung gezogen, dass wenn ich 2 Wochen Urlaub an einem schönen Ort mache, diesen Aufenthalt um 2 Wochen verlängere um von dort aus zu arbeiten? Das ermöglicht Arbeitnehmer den Akku noch mehr aufzuladen, Inspirationen zu sammeln oder seine Träume zu verwirklichen.
Arbeitgeber gewinnen an Attraktivität
Träume zu verwirklichen, aber dennoch seine Arbeit zu behalten, das war bisher häufig nur eine Wunschvorstellung. Für den einen mag es sein surfen zu lernen, den anderen in den Alpen zu wohnen, wiederum andere in eine Stadt zu ziehen oder eine andere Sprache zu erlernen. Für einige ist es der Besuch der Familie im entfernten Inland oder Ausland.
Wenn der Arbeitgeber solche Angebote schaffen kann, ist das einfach unglaublich Attraktiv für seine Mitarbeiter.
Natürlich bringt das auch neue Themen mit sich, auf die sich kleinere Unternehmen zunächst personaltechnisch aufstellen müssen. Kleine und mittlere Unternehmen haben einer Studie des ifo-Instituts zufolge wesentlich seltener auf das Homeoffice umgestellt als Großunternehmen. So arbeitet in der Industrie fast ein Drittel der Beschäftigten in Großunternehmen im Home Office gegenüber nur knapp einem Viertel bei den kleineren Unternehmen.[2]
Der Staat muss die Weichen stellen, Unternehmen sich der Möglichkeiten bewusster werden
Um die Arbeitgeber mit den bürokratischen Herausforderungen rund um das Home Office zu unterstützen muss der Staat helfen. Zum Beispiel mit der Vereinfachung von Richtlinien oder setzen von steuerlichen Anreizen für die Anschaffung von Home Office Equipment.
Die Anwendbarkeit des deutschen Arbeitsrechts ist dagegen unkritischer. Wenn du als Angestellter lediglich vorübergehend im Ausland tätig bist, bleibt der Schwerpunkt der Arbeitstätigkeit und des Arbeitsverhältnisses weiterhin in Deutschland.
Auch die steuerrechtlichen Auswirkungen können in dem Fall der vorübergehenden Tätigkeit im Rahmen der 183-Tage-Regelung erreicht werden. Hierzu muss jedoch der Wohnsitz und Lebensmittelpunkt in Deutschland aufrecht erhalten bleiben. Wichtig für euch ist es hier die speziellen Regelungen des jeweiligen Doppelbesteuerungsabkommens, die wir zum Beispiel zwischen den EU-Staaten grundsätzlich haben, zu beachten.
Von daher sind Home Office Modelle auch für die Versicherungs- und Hotelindustrien sehr spannende Felder mit gigantischen Wachstumspotentialen. Stellen wir uns doch mal vor die Ferienunterkunft stattet das Zimmer mit einem externen Monitor, HDMI Kabel und einem vernünftigen Schreibtischstuhl aus.
Das Potential des Home Office muss besser genutzt werden
Wenn wir in allen Teilen der Bevölkerung, Wirtschaft und Staat diese Möglichkeiten gesamtbildlich verstehen, glauben wir, dass das Potential des Home Office sehr viel Energie mit sich bringt.
Natürlich wird man von jetzt auf gleich nicht alles ändern können. Deshalb denken wir, dass eine Office Präsenz von maximal 50% für viele Industrien zeitgemäß und angemessen ist. Wir sind, wie viele von euch, sehr gespannt auf die kommenden Monate. Wir hoffen, dass wir auch einen kleinen Anteil zur Verbesserung des Home Office Lebens beitragen können.
Schreibt uns gerne auf den Social Media Kanälen oder in die Kommentare was euch bewegt. Was meint ihr wie hoch sollte perfekte Office Präsenz ausfallen?
[1] https://www.bitkom.org/Presse/Presseinformation/Mehr-als-10-Millionen-arbeiten-ausschliesslich-im-Homeoffice
[2] https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/home-office-pflicht-arbeitnehmer-ifo-101.html
Janis Drunkemühle
15. März 2021 at 19:54Sehr hilfreicher Beitrag und nützliche Anregungen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber! Besten Dank!
Alexander Scheibel
15. März 2021 at 20:05Danke für das klasse Feedback! Wir helfen gerne.